Kurze beschreibende Statistik

Die Daten des römisch-katholischen Friedhofs der Deutschgemeinde von Großsanktnikolaus sind Dank der hervoragenden Arbeit von Dietlinde und Otmar Huhn vollständig erfasst. Sie können über folgende Internetseite http://www.dfdb-grosssanktnikolaus.ro/pfdg-blog/friedhof/ eingesehen werden, als auch im dazugehörigen Buch [1]. Hier kann man sich einzelne Gräber in Ruhe ansehen. Als ich von diesem Projekt hörte, war ich gleich begeistert, da ich durch meine Kindheit starke Erinnerungen an diesen Friedhof habe. Meine alte Tante in Semiklosch nahm mich als Kind fast jede Woche mit auf den Friedhof zum Besuch ihres Familiengrabes. Andererseits arbeite ich durch meinen Beruf täglich mit Daten und erstelle Auswertungen. Beide Aspekte an Hand der Daten dieses Friedhofs zu verbinden, hat mich sofort fasziniert. Dankeswerterweise hat mir Otmar Huhn die Daten zur Verfügung gestellt, um weitere beschreibende Auswertungen damit zu erstellen. Mal sehen, was dabei herauskommt…

Von allen vorhandenen Gräbern haben Dietlinde und Otmar die Inschriften erfasst und tabellarisch strukturiert. Hier finden wir neben der Grabnummer, immer, falls vorhanden und entzifferbar, den Familiennamen, den Vornamen, den Geburtsnamen, das Geburtsjahr, das Sterbejahr und das Alter der begrabenen Person. Immer wieder treten bei manchen Gräbern fehlende Werte auf. Auf manchen Grabsteinen waren die Namen nicht mehr lesbar, auf anderen fehlten die eine oder andere Jahreszahl.

Die Ungenauigkeit der Inschriften hat verschiedene Gründe. Um so älter die Grabsteine, um so schwerer ist es die Inschriften zu entziffern. Zusätzlich tritt ein “Vergessenseffekt” auf, je länger die Beerdigung zurück liegt, desto weniger werden Grabsteine und Begrabene. Trotz allem ist die Anzahl der erfassten Generationen in manchen Gräbern beeindruckend. Ab ca. 1860 wurden viele Gräber als Familiengräber benutzt, d.h. hier finden wir 3 bis 4 Generationen begraben. Das Grab wurde weitergeführt und die schon vorhandenen Inschriften nicht durch die nachfolgende Generation ausgelöscht.

Die Blickling Peter Grabstätte, mit 4 Generationen. Im Hintergrund sind 2 Steinkreuze zu sehen, die auf weitere, zurückliegende Generationen verweisen. Johann Blickling jun. hat diese Steinkreuze auf dem Friedhof bei Nachforschungen aufgefunden.

Die Blickling Peter Grabstätte, mit 4 Generationen. Im Hintergrund sind 2 Steinkreuze zu sehen, die auf weitere, zurückliegende Generationen verweisen. Johann Blickling jun. hat diese Steinkreuze auf dem Friedhof bei Nachforschungen aufgefunden.

Trotzdem muss angenommen werden, dass in vielen Gräbern mehr Menschen begraben wurden, als auf den Grabsteinen angegeben. Um 1900 war die Kindersterblichkeit noch sehr hoch, sicher sind in den Gräbern mehr Kinder begraben, als angegeben. Zusätzlich wissen wir, dass in schlechten Zeiten, z.B. während des 2. Weltkrieges Inschriften nicht vorgenommen wurden und später auch nicht nachgeholt.

Wenn möglich habe ich aus Geburtsjahr und Sterbejahr das Alter berechnet, oder bei gegebenem Alter und einem der jeweiligen Jahre das fehlende Jahr. Da nur die Jahreszahlen angegeben sind und nicht das vollständige Datum, können durch diese Berechnung Unterschiede zum richtigen Alter von einem Jahr auftreten. Als weiteres muss beachtet werden, dass für Kinder, die kurz nach der Geburt verstorben sind, man als Altersangabe 0 Jahre erhält.

Insgesamt sind 712 Gräber erfasst, mit 2480 Menschen. Darunter sind 1308 Männer und 1172 Frauen. Die zusätzliche Information ob die begrabene Person Mann oder Frau ist, haben Dietlinde und Otmar an Hand der Vornamen vorgenommen.

Das früheste erfasste Geburtsjahr ist 1727, das früheste Sterbejahr ist 1810. Da der Friedhof glücklicherweise noch immer “lebt”, ist die jüngste Beerdigung von 2020.

Das Alter der Begrabenen reicht von Kindern, die kurz nach der Geburt verstorben sind, bis hin zur ältesten Begrabenen mit 101 Jahren. Das mittlere Alter aller Begrabenen beträgt 61 Jahre, es zeigt sich jedoch, dass es hier Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt und sich das Sterbealter über die Jahre hinweg immer mehr nach hinten verschoben hat.

In den Daten finden sich 411 verschiedene Familiennamen, nachdem hier eine Vereinheitlichung von einigen Familiennamen vorgenommen wurde. Diese bezieht sich allerdings nur auf die Schreibweise, da bei manchen Familiennamen sehr unterschiedliche Schreibweisen zu finden sind. Interessant ist auch, dass die 2480 Begrabenen nur 326 verschiedene Vornamen haben.

Die Friedhofsdaten sind sicherlich viel ungenauer als die Matrikelbücher, bezogen auf das Leben und Sterben in Großsanktnikolaus. Aber im Gegensatz zu den Matrikelbüchern sind sie für jedermann zugänglich, ein kleiner Spaziergang über den Friedhof, das Lesen der Inschriften auf den Grabsteinen und diese vergangene Welt lebt wieder auf. Mit den Auswertungen hier, möchte ich sie uns in verdichteter Weise nochmals näher bringen.

Für weitere Anmerkungen, Korrekturen und Kommentare bin ich sehr dankbar. Diese können gerne per Email an mich gerichtet werden: .

Sterbejahre

In dieser Auswertung betrachten wir die Sterbejahre näher, ab wann sind die ersten Begrabenen aufgelistet, wie ändert sich die Anzahl der Begrabenen über die Zeit, welches sind Jahre mit besonders vielen Verstorbenen….

Das früheste erfasste Sterbejahr ist 1810, 1810, der Begrabene ist Jakob Linden, einer der ersten Pfarrer für Großsanktnikolaus. Er hatte hier seit 1780 die Pfarrstelle inne und ist im Jahre 1810 im Alter von 83 Jahren verstorben. Das Grab hat Hans Fidelis Deschu, der Dechantpfarrer von Großsanktnikolaus von 1951 bis 1986, ausfindig gemacht. Pfarrer Deschu hatte den Wunsch, neben Jakob Linden begraben zu werden. Seinem Wunsche entsprechend ist dies 1986 auch geschehen. Dadurch ist das Grab von Jakob Linden nicht in Vergessenheit geraten. Dies und weitere Details sind dem Buch “Großsanktnikolaus im Banat, S.126” [2] entnommen.

Das Grab von Jakob Linden und Hans Fidelis Deschu

Das Grab von Jakob Linden und Hans Fidelis Deschu

Beerdigte vor 1850 finden wir nur 8. Die nachfolgende Grafik zeigt die Anzahl der Begrabenen pro Jahr, begonnen von 1810 bis heute. Jeder Balken bezieht sich auf ein Jahr, eingefärbte Balken zeigen besondere Jahre mit vielen Begrabenen, auf die hier etwas näher eingegangen werden soll.

Anzahl der Begrabenen pro Jahr

Anzahl der Begrabenen pro Jahr

Das Jahr mit den meisten Begrabenen vor dem 1. Weltkrieg ist das Jahr 1911, mit 18 Begrabenen. Warum gerade in diesem Jahr mehr Menschen gestorben sind als die Jahre davor und danach ist unklar.

Den nächsten deutlichen Anstieg an Begrabenen brachte der 1. Weltkrieg mit sich. Zu Beginn des Weltkrieges 1914 sind mehr Begrabene zu beklagen und insbesondere das Jahr 1918 zeigt einen deutlichen Anstieg, mit 28 Beerdigungen, davon 20 Männer und nur 8 Frauen. Im Buch “Großsanktnikolaus im Banat” [2] findet sich eine Aufstellung der gefallenen Soldaten des 1. und 2. Weltkrieges. Im 1. Weltkrieg sind knapp 50 Männer aus Großsanktnikolaus gefallen, 19 sind auf Grabsteinen auf dem Friedhof vermerkt, dies sind 38 Prozent der Gefallenen. Im Jahr 1918 sind 6 Männer der Begrabenen Gefallene. Zieht man diese von den Begrabenen des Jahres 1918 ab, so bleiben noch immer 22 Beerdigungen. Dies sind deutlich mehr als in den Jahren vor dem 1. Weltkrieg und in den Jahren danach.

Der nächste Weltkrieg läßt sich wiederum an den höheren Balken erkennen. Im Jahre 1945 erreicht die Anzahl der Begrabenen ihren traurigen Höchststand. In der Auflistung im Buch “Großsanktnikolaus im Banat” [2] sind 150 Männer vermerkt, die im 2. Weltkrieg gefallen sind, 20 davon sind auf Grabsteinen auf dem Friedhof vermerkt, dies sind 13 Prozent der Gefallenen. Verglichen mit dem deutlich höheren Prozentsatz der vermerkten Gefallenen des 1. Weltkrieges zeigt sich hier der Unterschied zwischen den wirtschaftlichen Verhältnissen nach den beiden Kriegen. War die Dorfgemeinschaft zum Ende des 1. Weltkrieges weitgehend intakt, so war am Ende des 2. Weltkrieges nichts mehr wie vorher. Viele Frauen waren mit ihren Kindern geflüchtet, die jungen Männer im Krieg oder Gefangenschaft. Nach dem Ende des Krieges brachten die Umwälzungen des Kommunismus weiteres Leid und Schwierigkeiten. In jenen Jahren hatten die meisten wichtigere Dinge für das Überleben zu tun, als Inschriften auf Gräbern nachzuholen.

1944 zog die Ostfront durch Großsanktnikolaus. Davon zeugen 3 Soldatengräber Nr. 166, 167, 168, mit insgesamt 14 gefallenen Soldaten.

Nimmt man die gefallenen Männer aus den Daten raus, so bleibt das Verhältnis der gestorbenen Männer zu Frauen während des 2. Weltkrieges eher ausgeglichen.

Nach dem 2. Weltkrieg kommt es wieder zu einem Rückgang an Beerdigungen, diese steigen dann langsam in den 1970er Jahren wieder an. Schließlich sehen wir einen starken Abfall nach 1990. Diese beiden Trends sind sicher mit der Auswanderung vieler deutschstämmiger Familien aus dem Banat verknüpft. Anfangs sind nur junge Familien ausgewandert, die Generation der zwischen 1900 und 1920 geborenen ist zum Großteil geblieben. Diese sind dann ab den 1970er Jahren verstärkt verstorben. Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks 1989 gab es 1990 eine große Auswanderungswelle, in welcher häufig auch die noch verbliebenen älteren Menschen zu ihren Familien nach Deutschland ausgewandert sind.

Heutzutage hat sich die Anzahl der Beerdigungen auf ca. 10 pro Jahr eingependelt. Es ist schön, dass der Friedhof noch weiterhin benutzt wird und dass alte Gräber neue Familien als Besitzer finden. Insbesondere ist es schön, dass trotzdem die alten Grabsteine und Inschriften erhalten bleiben, neue Inschriften werden einfach dazugeschrieben. Diese Tradition findet sich nicht überall auf der Welt. So wird in Deutschland nach Übernahme eines Grabes der alte Grabstein erst einmal aufwendig entsorgt und damit verschwinden alle Inschriften und Erinnerungen an die zuvor dort Liegenden. Danach wird ein neuer Grabstein angeschafft, der wieder nur so lange akzeptiert ist, bis der Besitzer wieder wechselt.

Sterbealter

Betrachten wir nun das Sterbealter der Begrabenen und untersuchen, ob es Unterschiede im Sterbealter zwischen Männern und Frauen gibt. Als erstes betrachten wir das Sterbealter nur eindimensional, wir blenden damit aus, dass sich das Sterbealter sicher seit 1850 deutlich verändert hat. Diese Betrachtung holen wir mit der nächsten Auswertung nach.

Die erste Grafik zeigt die Anzahl der Begrabenen pro Altersjahr. Jeder Balken steht für ein Jahr. In den ersten fünf Lebensjahren sind relativ viele begrabene Kinder zu verzeichnen. Danach zeigt sich die Kindheit und frühe Jugend als sicherster Lebensabschnitt, bevor dann mit ca. 15 Jahren die Anzahl der Begrabenen wieder ansteigt und auf einem mittleren konstanten Niveau bis 55 bleibt. Ab 55 Jahren steigt die Anzahl der Begrabenen, erreicht um die 75 Jahre ihre höchste Zahl und fällt dann wieder ab.

Anzahl der Begrabenen pro Alter

Anzahl der Begrabenen pro Alter

Drei Frauen sind 99 Jahre und älter geworden, sie sind in der unten stehenden Tabelle aufgeführt. Die Tatsache, dass es sich dabei ausschließlich um Frauen handelt, drängt die Frage auf, ob es Unterschiede in der Altersverteilung zwischen Männern und Frauen gibt.

Die Grabstätte von Katharina Aufsatz, der ältesten Begrabenen des Friedhofs. Sie starb 1986 im Alter von 101 Jahren.

Die Grabstätte von Katharina Aufsatz, der ältesten Begrabenen des Friedhofs. Sie starb 1986 im Alter von 101 Jahren.

Die nächste Grafik zeigt die Altersverteilung getrennt für Männer (m) und Frauen (w), zusammen mit einer Dichtefunktion, die eine Glättung der Anzahl der Begrabenen über das Alter darstellt. Die Altersverteilung der Männer erreicht früher ihr Maximum, bei ca. 70 Jahren, während die Frauen dieses Maximum erst bei ca. 80 Jahren erreichen. Zusätzlich sieht man, dass auch in früheren Jahren die Sterblichkeit bei Männern höher ist, als bei den Frauen.

Anzahl der Begrabenen pro Alter nach Geschlecht, Proportionale Darstellung mit Dichtefunktion

Anzahl der Begrabenen pro Alter nach Geschlecht, Proportionale Darstellung mit Dichtefunktion

Um zu untersuchen, ob dies durch die zwei Kriege bedingt ist, oder durch eine “riskantere” Lebensweise der Männer, haben wir die nachfolgende Grafik erstellt. Es handelt sich dabei um eine Überlebenszeitkurve. Mit 0 Jahren leben alle, jede Treppenstufe nach unten zeigt, wie viele im jeweiligen Lebensalter verstorben sind. Kurven, die schneller abfallen, zeigen, dass die Menschen hier früher versterben. Für die männlichen Begrabenen haben wir zwei Gruppen erstellt, einmal alle Männer und einmal alle Männer ohne die Gefallenen der beiden Weltkriege. Wie schon in der Auswertung der Sterbejahre vermerkt, beruht die Information der Gefallen aus dem Buch “Großsanktnikolaus aus dem Banat” [2]. So können wir untersuchen, ob die frühe höhere Sterblichkeit der Männer allein durch die Kriege bedingt ist, oder ob noch weitere Faktoren eine Rolle spielen.

Nimmt man die im Krieg gefallenen Männer aus der Statistik heraus, so ist die Überlebenskurve der Männer zwar noch immer unterhalb der Frauen, allerdings sind die Unterschiede bis ca. 50 Jahre nicht mehr so deutlich. In den 50er Jahren versterben jedoch deutlich mehr Männer und die Überlebenszeitkurven zwischen Männern und Frauen trennen sich stark auf. Daher können wir folgernd, dass bis zu 50 Jahren der Unterschied im Überleben zwischen Männern und Frauen durchaus von den Gefallenen getrieben wird, ab 50 treten jedoch weitere Faktoren auf, die zu einem früheren Versterben der Männer führen.

Überlebenszeitkurven für Frauen, Männer und Männer ohne Gefallene

Überlebenszeitkurven für Frauen, Männer und Männer ohne Gefallene

Sterbealter im Laufe der Zeit

Sehen wir uns als Nächstes die Änderung des Sterbealters zwischen 1860 und 2020 an. Wir alle machen die Erfahrung, dass die Bevölkerung immer älter wird und zum Glück ist die Kindersterblichkeit extrem zurückgegangen. Können wir dies auch an Hand der Daten des Friedhofs sehen und wie haben sich hier die Kindersterblichkeit und das “Altwerden” entwickelt?

Für diese Analyse verwenden wir nur die Daten der Begrabenen ab 1860, da davor zu wenige Datensätze vorliegen.

Die nachfolgende Grafik zeigt auf der x-Achse die Sterbejahre, auf der y-Achse das Sterbealter. Jeder graue Punkt in der Grafik zeigt einen Begrabenen oder eine Begrabene. Die Kurven in der Grafik beschreiben Quantile des Sterbealters pro Jahr. Die gepunktete Linie zeigt das 50% Quantil, auch Median genannt. Diese beschreibt den Verlauf des Alters, unterhalb dessen 50% der Begrabenen pro Jahr verstorben sind. Vor 1900 war dies bei ca. 40 Jahren, d.h. die Hälfte der Begrabenen vor 1900 war jünger als 40 Jahre, die andere Hälfte älter als 40 Jahre. Ab 1900 steigt der Median an und erreicht um ca. 1970 ein Plateau bei ca. 70 Jahren. Das heißt, waren vor 1900 die Hälfte der Begrabenen jünger als 40 Jahre, so sind seit 1970 die Hälfte der Begrabenen älter als 70 Jahre.

Interessant sind auch weiter Quantilskurven. In der Grafik sind gestrichelt das 25% und 75% Quantil, die sog. Quartile eingezeichnet. 25% der Begrabenen sind jeweils jünger als das 25% Quantil und 25% älter als das 75% Quantil, so dass innerhalb des Bandes zwischen 25% und 75% Quantil die Hälfe der Begrabenen ihr Sterbealter findet. Das 75% Quantil steigt nur leicht an und liegt inzwischen knapp über 80 Jahre. Das 25% Quantil lag im Jahre 1900 noch bei knapp über 20 Jahre, d.h. ein Viertel aller Begrabenen war kaum 20 Jahre alt geworden. Ab 1900 steigt es sehr steil an und bildet eine kleine Welle zwischen 1960 und 1990. Das mag an der Auswanderung der jungen Familien in diesem Zeitraum liegen, junge Menschen waren nicht mehr viele im Dorf, nur die Alten waren noch da und sind verstorben. Nach 1990 nimmt dieses Quantil wieder etwas ab, das mag daran liegen, dass verstärkt nicht nur Deutsche, sondern auch weitere Ethnien auf dem Friedhof beerdigt werden.

Schließlich sind als durchgezogenen Linien noch die 10% und 90% Quantilskurve eingezeichnet. An der 10% Quantilskurve kann man sehr gut, die Veränderung der Kindersterblichkeit ablesen. Noch bis 1918 waren 10% der Begrabenen jünger als 10 Jahre. Danach steigt die Kurve stark an, 1950 lag das 10% Quantil bei ca. 30 Jahren, 1990 bei über 50 Jahre.

Sterbealter über die Zeit mit Quantilskurven

Sterbealter über die Zeit mit Quantilskurven

Die Grabstätte von Peter und Katharina Roos. Zwei ihrer Kinder starben im Alter von einem Jahr, ein weiteres mit vier Jahren.

Die Grabstätte von Peter und Katharina Roos. Zwei ihrer Kinder starben im Alter von einem Jahr, ein weiteres mit vier Jahren.

Die Gräber

Wenden wir uns nun mehr im Detail den Gräbern als solches zu, wie viele Gräber sind erfasst, wie viele Begrabene finden wir in den Grabstätten und wie lange werden die Grabstätten benutzt.

Insgesamt sind 712 Gräber erfasst. Allerdings ist es für 71 Gräber nicht mehr möglich Sterbejahre auf den Grabsteinen zu entziffern, oder die Grabsteine fehlen ganz. Daher stehen für weitere Analysen die Daten von 641 Gräbern zur Verfügung. Wie in der ersten kurzen beschreibenden Statistik schon erwähnt, ist das älteste zurückliegende Sterbejahr 1810 und die jüngste Beerdigung von 2020.

Die nachfolgende Grafik des Friedhofs zeigt, wo sich die Gräber aus den verschiedenen Jahrzehnten befinden. Gräber mit mindestens einem Begrabenen vor 1900 verteilen sich recht zufällig über den gesamten Friedhof. Interessant ist, dass viele der äußeren Gräber entlang der Friedhofsmauer zwischen 1900 und 1945 erstmalig errichtet wurden. Nach 1945 sieht man eine Häufung von Gräbern in der unteren Mitte innerhalb des Friedhofs.

Wenn man einen nach strengen Regeln angelegten Friedhof in Deutschland kennt, wo sich die Gräber in Reih und Glied aneinander reihen, so fällt hier die durchaus sympatische, wenig eingehaltene Ordnung der Reihen, als auch der Größe der Gräber auf.

Lage der Gräber nach Alter eingefärbt

Lage der Gräber nach Alter eingefärbt

In den Gräbern sind zwischen 1 bis 13 Begrabene verzeichnet. Die nachfolgende Grafik zeigt, wie viele Begrabene pro Grab zu finden sind, einmal in absoluten Zahlen und einmal in relativer Darstellung. In mehr als 175 Gräbern, das ist mehr als ein Viertel der Gräber sind 2 Personen auf dem Grabstein verzeichnet. Eine Person und 3 Personen finden sich in jeweils ca. 20% der Gräber. In etwas mehr als 10% der Gräber sind 6 oder mehr Personen begraben. Die untere Tabelle zeigt die Gräber mit 10 oder mehr Begrabenen an.

Absolute Darstellung der Begrabenen pro Grab

Absolute Darstellung der Begrabenen pro Grab

Relative Darstellung der Begrabenen pro Grab

Relative Darstellung der Begrabenen pro Grab

Die nachfolgende Grafik zeigt den Friedhofsplan, eingefärbt nach der Anzahl der Begrabenen pro Grab.

Lage der Gräber, nach Anzahl der Begrabenen eingefärbt.

Lage der Gräber, nach Anzahl der Begrabenen eingefärbt.

Aus dem frühesten Sterbejahr und dem spätesten Sterbejahr können wir die Nutzungsdauer der einzelnen Gräber berechnen, wobei zu beachten ist, dass für die ca. 20% der Gräber mit nur einem Begrabenen die Nutzungsdauer auf 0 Jahre berechnet wird, da es in diesem Fall nur ein Sterbejahr gibt. Blendet man diese speziellen Gräber einmal aus, so erhält man nachfolgende Verteilung der Nutzungsdauerder Gräber. Bis zu 50 Jahren Nutzungsdauer haben wir eine relative Gleichverteilung an Gräbern, danach nimmt die Anzahl ab. Wir finden noch 33 Gräber, die bisher 100 Jahre oder länger in Benutzung waren.

Verteilung der Nutzungsdauer der Gräber

Verteilung der Nutzungsdauer der Gräber

Die Familiennamen

Betrachten wir als Nächstes die Verteilung der Familiennamen auf dem Friedhof. Otmar Huhn hat schon in einer kleinen Statistikauswertung die häufigsten vorkommenenden Familiennamen auf dem Friedhof aufgeführt. Da seine Auswertung auf einem älteren Datensatz beruht und nur den deutschen Teil der Bevölkerung umfasste, werden die hier berechneten Prozentangaben zu seinen etwas abweichen. An der Namensreihenfolge ändert sich jedoch nichts.

Die zum Teil unterschiedliche Schreibweise von ein paar Familiennamen haben wir für diese Analyse bereinigt, die Tabelle am Ende dieser Auswertung zeigt, welche Schreibweise in welche umgeändert wurde. Die häufigsten Unterschiede ergeben sich durch fehlende Konsonantenverdoppelung, als weiteres gibt es Unterschiede in “tz” oder “z”. Bei den Namen mit “s”, zeigt sich die Magyarisierung, hier sind manche Schreibweisen mit “sz” oder “cz” vermerkt. Die Schreibweise wurde immer in diejenige umgeändert, die am häufigsten vertreten ist.

Beim Namen “Esperschidt” scheinen sich die Geister zu scheiden, auf dem Friedhof findet man sechs verschiedene Schreibweisen. Neben der hier verwendeten “Esperschidt”, noch “Eschperschidt”,“Eschperschütz”,“Esperschit”,“Esperschitt”,“Espersütz”. Sollte es sich hier doch nicht um den gleichen Familiennamen handeln, dann bitte ich um schnelle Rückmeldung.

Eine kleine Erklärung, weshalb der Familienname “Röhrich” am häufigsten auf dem Friedhof vertreten ist, ergibt sich vielleicht aus der Einwanderung der verschiedenen Familien nach Großsanktnikolaus. Lothar Blickling hat in seinem Artikel “Die Besiedlung von Großsanktnikolaus durch deutsche Kolonisten” im Buch “Großsanktnikolaus im Banat, Seite 69 ff” [2] eine umfangreiche Tabelle erstellt, mit den Namen der Einwandererfamilien, die zwischen 1764 und 1786 nach Großsanktnikolaus gekommen sind. Wir finden für fast alle Familiennamen eine Einwandererfamilie, bis auf die Familie Röhrich und Flaton. In der nachfolgenden Tabelle sind die Einwandererfamilien und ihre Ansiedlungstermine aufgelistet.

Im gleichen Buch auf Seite 94 vermerkt Elisabeth Weber geb. Röhrich, dass der erste Röhrich als Soldat schon 1730 nach Großsanktnikolaus kam, dort heiratete und eine Familie gründete. Somit war der Name Röhrich schon mindestens 35 Jahre länger in Großsanktnikolaus vertreten und es gab wohl in den 1760er Jahren schon mehrere “Röhrich” Familien. Dieser “Standortvorteil” hat sich dann weiter erhalten.

Für manche Familiennamen finden sich mehrere Einwandererfamilien mit dem gleichen Namen. Hier habe ich alle aufgelistet, da ich nicht weiß, welche dieser Familien wie nun mit den Begrabenen verwandt ist.

Über die Herkunft des Familiennamens Flaton ist mir leider bisher nichts bekannt. Über weiteres Wissen diesbezüglich würde ich mich sehr freuen.

Die Blickling Peter Grabstätte, mit 4 Generationen. Im Hintergrund sind zwei Steinkreuze zu sehen, die bis zur Einwanderungsfamilie des Sebastian Blickle zurück gehen. Johann Blickling jun. hat diese Steinkreuze auf dem Friedhof bei Nachforschungen aufgefunden.

Die Blickling Peter Grabstätte, mit 4 Generationen. Im Hintergrund sind zwei Steinkreuze zu sehen, die bis zur Einwanderungsfamilie des Sebastian Blickle zurück gehen. Johann Blickling jun. hat diese Steinkreuze auf dem Friedhof bei Nachforschungen aufgefunden.

Bibliographie

[1] Dietlinde Huhn OH. Der römisch-katholische Friedhof der Deutschgemeinde von Großsanktnikolaus. Temeswar: Cosmopolitan Art Verlag; 2018

[2] Franz Wolz PL(. Großsanktnikolaus im Banat, Heimatbuch. Rohrbach/Ilm: Herausgegeben im Auftrag der Heimatortsgemeinde Großsanktnikolaus; 2005